Donnerstag, 27. April 2017

Fünf Tage Regenwetter!?

Am Frühstückstisch im Hotel in Erwin sitzen wir zu viert: Vero, Angelo, seine Mama und Dan. Dieser sitzt in seiner Regenmontur, da der Rest seiner Klamotten noch im Trockner sind. Laut Wetterbericht wird er diese aber die nächsten Tage öfters tragen müssen. Fünf Tage Regen werden auf dem großen Fernseher im Frühstücksbereich angesagt. Und wenn man aus dem Fenster schaut, so glaubt man der Vorhersage. Trotzdem rufen wir das Shuttle, welches uns wieder zum Trail bringen wird. In diesem sitzen wir nur noch zu dritt, nachdem wir uns nochmals ausgiebig von Angelo's Mama verabschiedet haben.
Am Trail angekommen hat es immerhin aufgehört zu regnen. Wir treffen Connor, unseren alten Wanderfreund und drei seiner Gefährten: Jo, Matt und dessen aufgeweckter Hund Freedom. Auf dem Weg zum ersten Shelter klart der Himmel immer weiter auf und tatsächlich sollte das noch ein wunderschöner Tag werden. Mit unseren Freunden am Shelter hatten wir lunch, und entschlossen uns aus dem geplanten Nero (Nearly Zero - Fast Null Meilen) einen fast normalen Tag zu machen. Auf dem Weg zum Zeltplatz hat es dann einmal richtig geschüttet. Der Weg hat sich in einen Bach verwandelt. Unterm Poncho bleibt aber das meiste trocken, bis auf Schuhe und Hosenbeine. Unser Zelt konnten wir im Trockenen aufstellen und den Abend gemeinsam genießen! Das war ein schöner erster Regentag.
In der Nacht hörten wir Gewitter in der Ferne. Bei uns ist davon aber nicht viel angekommen. Auch am nächsten Morgen wurde der Himmel wieder klar. Wir liefen durch den verzauberten immergrünen Wald. Ein Nadelwald in dem der Boden mit leuchtend grünem Moos bedeckt ist, dass man sich wie im Märchen fühlt. Das Glück meinte es gut mit uns und schenkte uns sogar Trail-Magic. Obwohl wir an diesem Tag auch Poncho tragen mussten, gab es so viel Sonne, dass wir auch Sonnencreme auftragen mussten.
Aber von Sonne sah man am Tag drei keine Spur. Wir hatten einen großen Aufstieg vor uns, der uns zum höchsten Shelter auf dem Trail bringen sollte, auf 1905 Meter. Der Himmel war dunkel aber es regnete noch nicht. Auf Poncho hatten wir bei diesem Aufstieg keine Lust. Und sowieso ist ein Unwetter auf solch einem Berg überhaupt kein Spaß. So sind wir also los gezogen und die Wolke hielt. Sie hielt so gut, dass wir direkt in sie hinein stiegen. In der Wolke war es klamm und auch der Wind nahm an Stärke zu. Auch hier sind wir in einen Nadelwald gelangt, allerdings aus einem schaurigen Märchen. Die Bäume standen so dicht bei einander und die Wolke ließ kaum noch Licht hindurch. Es war gerade mal Mittag, aber es wurde so düster wie in der Dämmerung. Die Stimmung aufheitern konnte eine Pause am Shelter mit einer neuen Bekanntschaft und Apfelschnaps. Auch jeder Meter Abstieg schien das Wetter enorm zu verbessern. Am anderen Ende sind wir unter brennendem Sonnenschein wieder einen kahlen Berg empor geschritten. Hier sind wir Zeuge eines unglaublichen Naturspektakels geworden. Der Hohe Berg schien die Wolke von der anderen Seite her aufzustauen. Zu beiden Seiten sahen wir Gewitterwolken, Regen und vereinzelt Sonnenstrahlen über die Weiten aus Bergen und Täler hinweg ziehen. Nur wir wanderten in einer Gut-Wetter-Schneise. Wir erklommen einen weiteren kahlen Berg. Langsam zog sich unsere Schneise zu. Wir konnten nicht so schnell wandern wie die Wolken. Doch die Gewitter hielten sich weiter am Rand. Also doch auch am dritten Tag Poncho! Aber wie die letzten Tage blieb es bei einem kurzen Schauer. Den Himmel beobachtend schien es weiterhin als würden wir vom schlimmsten bewahrt bleiben. So entschlossen wir unser Glück auf die Probe zu stellen und haben unseren Tag verlängert. Tatsächlich haben wir unseren ersten 30 km Tag gelaufen mit 1600 Metern Aufstieg und 1200 Metern Anstieg. Das Zelt mussten wir dann doch im Regen aufstellen, aber das war ein erfolgreicher dritter Regentag.
Unseren Zeltplatz haben wir mit einem Pärchen verbracht, das wir in den Smokys schon einmal gesehen haben. Leider kennen wir ihre Namen nicht, aber sie sind unverwechselbar an dem riesen großem Paarschlafsack, den der Mann auf seinem Rucksack gepackt hat. Leider schien ihre Stimmung im Gegensatz zu unserer sehr unter dem Wetter zu leiden. Früh aufgestanden hatten wir wieder schöne  Ausblicke in weite Täler in denen sich kleine Nebelwolken verhangen haben. Aber auch die Wolken darüber sahen wieder nach Regen aus. Heute wollten wir in einem Hostel etwas abseits vom Weg zu Mittag essen und noch etwas Proviant für die letzten zwei Tage nach Hampton kaufen. An der Straße angekommen wartete ein freundlicher Mann mit Pickup und Soda auf uns. Er fuhr uns kostenlos in die nächste Stadt und bot uns an, uns auch wieder abzuholen. Wir stiegen bei einer kleinen Pizzeria und Bäckerei mit echtem Steinofen aus. Hier passten gerade mal 10 Leute rein, aber wir hatten unsere bisher beste Pizza in Amerika. Allemal besser als Microwellen-Burrito was wir wohl im Hostel bekommen hätten. Anstelle von Poptarts kauften wir als Proviant frische Brownies und Bananenbrot. Zur Krönung durften wir auch noch Vollkorn-Sauerteig-Brot kosten. Echtes Brot! Fertig mit Essen haben wir den Shuttle gerufen der auch schon in weniger als einer Minute da war. Auf dem Weg zurück zum Trail zeigte er uns den Wetterbericht. Es war kurz vor einem Schauer, aber Morgen soll es unangenehm werden: Dauerregen! Das Angebot einen Zero in seinem Hostel zu machen schlugen wir trotzdem aus. Wie gedacht kam auch gleich der erwartete Schauer, dauerte aber auch nicht lange an. Als es wieder schöner wurde kam uns plötzlich das Paar vom Morgen entgegen. "Sie haben jetzt die Schnauze voll. Sie gehen in die Stadt und brechen ab!" Wir haben unseren ersten Abbruch miterlebt. Jedoch haben wir ihnen gut zugeredet. Sie sollen erstmal ins Hostel von unserem netten Fahrer, sich Duschen, Waschen und die Sachen trocken. Nach einem Zero in der Stadt sieht die Welt ganz anders aus. Hoffentlich sehen wir sie wieder! Wie die letzten Tage wurde auch dieser wieder schöner. Wir haben die wunderschönen Jones Falls gesehen und Brownies mit Dan gegessen. Auch heute haben wir nochmals etwas angehängt und wieder 30 km geschafft! Zum Kochen mussten wir aber schon im Zelt verschwinden, aber unser großer weiß-roter Palast ist eh sehr gemütlich. Vor allem in unseren warmen Schlafsäcken. Es schüttet wie aus Eimern und etwas gewittern tut es auch. So haben wir schon einen kleinen Vorgeschmack auf morgen. Aber die Aussicht auf einen kurzen 21 km Tag, der im Hostel zusammen mit Dan endet, kann unsere Stimmung einfach nicht trüben.
Hier draußen muss man einfach nehmen was kommt. Fünf Tage Regenwetter? Wir hatten fünf Tage Spaß an unserem Abenteuer!
P.S. Wandern in 7 Stunden Dauerregen ist dann doch eher bescheiden.

3 Kommentare:

  1. Wenn ich eure Berichte so lese, finde ich es wahnsinnig romantisch und würde am liebsten gleich den Rucksack aufschnallen - dann erinnere ich mich wieder, dass ich dafür einfach nicht gemacht bin. Hut ab vor eurer Leistung!

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  2. Wir zweifeln auch jeden Tag ob überhaupt ein Mensch dafür gemacht ist 😀

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