Samstag, 27. Mai 2017

Sind wir schon am Ziel?

Zurück auf dem Trail zurück im Regen. Wir haben auch wirklich gar kein Glück mit dem Wetter. An Tag zwei nach den Trail-Days begann bereits vormittags wieder der Dauerregen. Es nieselte, regnete und schüttete den ganzen Tag. Ein Tag mit viel Steigung und schweren felsigen Passagen. Für die letzten zwei Meilen an diesem Tag brauchten wir beinahe zwei Stunden! Der Trail verlangte von uns mehr ab, als wir aushielten. Tränen sind geflossen und Heimweh hat uns zum Abbruch gebracht. Der Tag war aber schon spät und so blieb uns nichts anderes übrig als unser Zelt im Regen aufzustellen. Haben wir noch Spaß an unserem Abenteuer? Kann der Trail uns noch mehr bieten als wir bereits erlebten? Sind 770 Meilen nicht schon eine großartige Leistung? Und warum verdammt hört es nicht auf zu regnen? Hike your own hike, sagt man hier oft. Vielleicht sind wir ja schon am Ziel von unserem. Morgen wollten wir ein Shuttle rufen und auch von einem Wanderfreund haben wir uns schon verabschiedet.
Am nächsten Tag sind wir mit bedrückter Stimmung aufgewacht. Es hat die ganze Nacht geregnet und es regnete immernoch. Wir warteten bis der Shelter leer war und bauten dann das Zelt ab. Im Shelter haben wir Frühstück gekocht und das Shuttle gerufen, welches uns für 200$ nach Harper's Ferry bringen würde. Aber sagt man nicht immer, man soll niemals an einem schlechten Tag aufhören? Bei Vero meldete sich auch schon die Stimme die sagte, du kannst noch nicht aufhören und Angelo war zu geizig für das Shuttle und wollte Hitch-Hiken. So sollten die nächsten 1,5 Meilen zum Parkplatz darüber entscheiden, wie es weiter geht. Nun ist der Funke auch wieder auf Angelo übergesprungen. Gegenseitig redeten wir uns Mut ein und die Knie von Vero waren weniger schlimm als gestern. So ist sie dann einfach am Parkplatz vorbei gewandert. Trotz des neuen Mutes war der Tag nicht sehr lange. Es hat durchgehend geregnet und sollte noch schlimmer werden. Da haben wir uns auf einem schönen Sattel mit naher Wasserquelle nieder gelassen. Nicht, dass es dank des Dauerregen an Wasser fehlen würde. Gekocht wurde im Zelt. Langsam sind wir das schon gewohnt. Gegen später wurde aus dem Regen tatsächlich noch Platzregen und es bildeten sich Pfützen rund um unser Zelt. Doch die letzte Wettervorhersage versprach einen trockenen nächst Tag. Kaum zu glauben, nachdem es bis weit nach Mitternacht regnete.
Tatsächlich konnte man im Dämmerlicht am Morgen über dem Nebel blauen Himmel erkennen. Unser Zeltplatz stellte sich als gut gewählt heraus. Um uns herum waren knöcheltiefe Pfützen. Ein paar Wolken am Himmel konnten der Sonne nichts ab, sodass unsere Klamotten langsam trockneten. Doch der Trail sollte doch noch Neues für uns bereit halten. Ein sehr nettes älteres Pärchen kam uns entgegen. Der Bach vor dem nächsten Shelter ist zu einem unpassierbaren Strom angeschwollen. (Und weitere Regenschauer gegen später, Gewitter in der Nacht.) Sie wollten sechs Meilen zurück wandern um den Abschnitt irgendwie zu umfahren. Sogleich war auch der Himmel, sowie unsere Stimmung, grau geworden als würde es jeden Moment wieder anfangen. Sechs Meilen zurück wandern kam für uns nicht in Frage. So gingen wir hinab und sahen tatsächlich einen unpassierbaren reißenden Fluss vor unserem Shelter. Ein Ridgerunner (ein Ranger) war auf der anderen Seite und riet uns zwei bis drei Stunden zu warten, bis der Wasserspiegel sich senkt. So fingen wir an unsere nassen Sachen über Leinen zu trocken und kochten uns etwas zu Essen. Nach ca. drei Stunden packten wir dann unsere Ausrüstung zusammen. Die Sonne schien und von Regen war keine Spur zu sehen. Alles war trocken, bis auf die Schuhe, und so sollte es auch bleiben. Wir zogen unsere Hosen aus und Rucksäcke auf. Angelo zuerst und Vero hinterher. Zentimeter für Zentimeter tasteten wir uns voran und hielten uns gegenseitig an beiden Armen fest. Immer nur eines der vier Beine wagte einen Schritt. Wir kamen zu der tiefsten und zugleich gefährlichsten Stelle. Hier war die Strömung am stärksten. Das Wasser reichte Vero fast bis zur Hüfte. An Angelo vorbei schritt sie vorsichtig zum anderen Ufer. Wir haben es geschafft! Abenteuer pur. Der Trail hat also doch noch Neues zu bieten. Wir wanderten bis zum nächsten Shelter. Der Regen blieb aus. Das war fast eines der schönsten Tage die wir auf dem Trail verbrachten.
Auch der kommende Tag sollte für uns schönes Wetter bringen. Gut gelaunt konnten wir das Camp abbauen, Frühstücken und uns zwischen netten Worten mit anderen Wanderern fertig machen für den Trail. Es stand ein größerer Aufstieg an der uns schöne Aussichten brachte. Nichts, was wir nicht schon gesehen hätten, aber bei schönem Wetter sind diese immer zum genießen!
"Vero, ich glaube ich bin am Ziel. Ich bin fertig mit dem Trail." - "Ich bin auch fertig. Bring mich nach Hause."
Wir haben nicht im Regen aufgehört. Wir haben aufgehört an einem wunderschönen Tag. Doch der Trail hatte nichts mehr für uns zu bieten, was wir nicht schon erlebt haben, oder wofür wir den Preis bereit sind zu zahlen. Knieschmerzen waren Alltag seit mehreren Wochen und wir haben auch lange Schmerzmittel genommen. Gesunder Lebensstil sieht anders aus. Es gibt noch viel zu erleben und wir haben definitiv Lust am Outdoor Leben.
Wir hatten 800 Meilen Abenteuer, 70 Tage wildestes Outdoor Leben, tausende unvergessliche Eindrücke, eine Menge neuer Freundschaften, unzählbar viel Liebe füreinander und keinerlei Bedauern!
Natürlich sind Abschiede immer schwerer und dieser Abschied schmerzt uns im Herzen. Aber heute ist für uns das Appalachian Trail Abenteuer vorbei. Wir sind am Ziel!

Trail-Days in Damascus

An einem Donnerstag Morgen wachten wir nach einem anstrengenden 22 Meilen Tag, in einem Hotel in Buchanan auf. Heute sollte uns Karen, Dans Frau, abholen und nach Damascus zum Trail-Days Festival fahren. In der Nähe davon hatten wir ein Haus angemietet. Ursprünglich waren acht Leute geplant. Da das Haus aber doch noch ein gutes Stück Fahrt von Damascus entfernt war, sind doch noch einige Abgesprungen, oder nur zwei statt vier Nächte geblieben. Auch wenn die größte Party wohl in der Nacht in Tent-City zu finden ist, waren wir sehr glücklich über unser Zimmer im Haus, oder gerade deswegen? Außerdem hatte das Haus einen Hot Tub!
Am Donnerstag sind wir auch gleich nach Damascus gefahren. Vieles war noch im Aufbau und es gab noch nicht viel zu sehen. Aber im örtlichen Feuerwehrhaus, gab es ein All-You-Can-Eat Dinner, mit Chicken Wings, Coleslaw und Kartoffelbrei. Alleine dafür hat sich der Ausflug gelohnt. Mit etwas Bier ging es dann zum Haus. Dieses galt es in guter Gesellschaft zu trinken, bis der Hot Tub Betriebstemperatur erreichte. Alles in allem ein gelungener Abend!
Am nächsten Tag ging es früh nach Damaskus. Es gab ein Frühstück, wieder im Feuerwehrhaus. Leider ist dieses etwas zu klein ausgefallen. Danach ging es mit dem Shuttle zum Zelt von Salomon. Dort haben wir unsere Schuhe zum kostenlosen waschen und waxen gebracht. Am Stand von Deuter haben wir zwei T-Shirts abgestaubt. Nebenan war das Gebäude einer örtlichen Kirche, die viele Angebote hatte und einen Großteil der Festival Organisation übernahm. Hier gab es kostenlose Knabbereien. Aber noch besser waren die Damen hinter den Nähmaschinen. Sie haben einige Löcher in Vero's Hose geflickt. Zurück mit dem Shuttle ging es zu einer anderen lokalen Kirche. Diese boten Fußwaschungen und -massagen an. Anschließend gingen wir zu freiwilligen Ärzten. Vero hat schon seit längerem Knieschmerzen. Die Knie sind überstrapaziert und entzündet. Das ist normalerweise nicht so schlimm und mit genügend Ruhe lässt sich das einfach auskurieren. Leider kommen die Knie hier auf dem Trail nicht zur Ruhe. So haben wir Kniebandagen gekauft und werden die kommenden Tage kürzer treten. Nachdem wir alle Erledigungen gemacht haben sind wir mit etwas Schwund wieder zurück ins Haus. Den Abend haben wir ruhiger als den letzten mit gemeinsamen Kochen und Abendessen im Familien-Stiel abgeschlossen.
Am nächsten Tag gab es wieder Frühstück in Damascus. Dieses mal wieder Thru-Hiker gerecht mit All-You-Can-Eat Pancakes! An diesem Tag sind wir die Stände der vielen Outdoor Hersteller abgelaufen. Dabei haben wir viele Wanderer getroffen, die wir im Laufe der Zeit getroffen haben. Zwei sogar aus dem Hiker-Hostel in Georgia. Nach kostenlosen Hotdogs begann das Line Up für die Parade. Bei der Parade laufen alle Hiker durch die Stadt. Dabei laufen die älteren Jahrgänge zuerst. Den Abschluss machten dann wir von 2017. Ein Thru-Hiker war sogar aus dem Jahr 1980 vertreten. Während die Parade läuft, ist es Tradition, dass die stinkenden Hiker von den Einheimischen mit Wasser bespritzt werden. Nasser als von den Zuschauern, wurden wir jedoch von dem Ungewitter, was pünktlich zur Parade die Schleusen öffnete. Damit hat sich der Tag für uns auch erledigt und wir sind wieder zurück zum Haus.
Sonntags war nicht viel los in Damascus, so haben wir den Tag nach den doch eher anstrengenden Festival vollständig zur Entspannung genutzt. Genauso schnell wie Dan ist uns seine Frau Karen ans Herz gewachsen. Wir hatten ein weiteres gemeinsames Abendessen.
Am nächsten Tag haben wir uns wieder aufgemacht zum Trail. Nach einer langen Fahrt, mit Zwischenstopp im Walmart und zum Lunch in einem historischen alten Restaurant, waren wir wieder auf dem Trail. Ein komisches Gefühl nach so einer langen Pause und die ersten Kilometer fielen uns definitiv schwer. Die Knie taten immernoch weh. Der Rucksack fühlte sich schwerer an als sonst und irgendwie fühlte sich der Körper betrogen.

Montag, 22. Mai 2017

Höhen und Tiefen

Nicht nur in den Bergen geht es auf und ab, auch die Stimmung kennt Täler und Gipfel. Die letzten Einträge hatten schon einige Stimmungs-Täler beschrieben. Und so wie wir diese durchschreiten und überwinden mussten, so müsst auch ihr nochmal von einem besonders tiefen Stimmungs-Tal lesen. Aber nach jedem Abstieg folgt ein Aufstieg, also dran bleiben und durchhalten!
Natürlich ist es auch dieses mal das Wetter, was uns die Stimmung vermieste. In Pearisburg hatten wir ja bereits einen Zero wegen des andauernden Regens gemacht. Man kann sich aber nicht ewig verstecken und so haben wir uns aufgemacht​ nach Daleville. Das sind 93 Trail-Meilen und sollten in 6 Tagen bewältigt werden, wovon es 5 Tage regnen sollte. Dieses mal sollte sich die Vorhersage bestätigen. Mit schwerem Rucksack und drückender Stimmung gingen wir unseren ersten Tag an, welcher 6 Meilen kürzer sein sollte als der unserer Freunde. Mehr vermochten unsere Körper nicht zu leisten. Am nächsten Morgen wurden wir beim Abbau von unserem Zelt auch gleich schon nass. Doch trotzten wir noch den Widrigkeiten und wanderten durch Donner und Blitz zum nächsten Shelter, um im Trockenen unser Frühstück zu kochen. In einer kurzen Regenpause konnten wir auch den Zeltplatz unserer Freunde erkunden. Dieser ist nur über eine Zip-Line erreichbar. Der Platz war zwar schon verlassen, aber wir bekamen eine kostenlose Soda.
Highlight des Tages war jedoch eine der besten Wild-Sichtungen die wir bisher hatten. Als wir einen besonders steinigen und schwierigen Abschnitt bewanderten, tauchte keine zehn Meter vor uns ein wunderschönes großes Reh auf dem Trail auf. Es wollte auch nicht wirklich verschwinden. Wir vermuten, dass es ein Junges in der Nähe hatte und versuchte unsere Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen! Es schnaubte laut und machte Sätze in die Luft, um dann letztendlich doch noch im Wald zu verschwinden. Doch konnten wir noch lange dem leuchtend weißem Schwänzchen durch die Bäume hinterher sehen.
Kurz darauf begann es auch wieder zu regnen und sollte für die nächsten zwei Tage anhalten. Und das geht wirklich an die Substanz. Das bedeutet morgens in kalte und nasse Hosen T-Shirts und Socken schlüpfen. Der Aufbau sowie Abbau vom Zelt gestaltet sich auch schwieriger. Kochen und Snacks gibt es nicht wie gewohnt alle zwei Stunden, sondern nur am Shelter. Der Trail selbst wird überschwemmt und matschig, genauso wie die Schuhe. Bei jedem Schritt schmatzt die Pfütze in den Schuhen. Manche Wanderer verbrachten einen Regentag vollständig im Shelter oder im Zelt. Andere haben den Wetterbericht nahezu apathisch wiederholt: "Morgen soll es den ganzen Tag regnen". Und uns hat der Regen auch ganz schön die Lust verdorben.
Doch eines Tages fing es wieder an aufzuklaren und gegen später hatten wir sogar noch Sonne. Reichte leider nicht vollständig aus um unsere Ausrüstung zu trocknen, als wir in unserem einsamen aber gemütlichen Camp ankamen (Unsere Schuhe waren auch noch bis zum übernächsten Tag nass). Aber die Vorhersage war super Wetter für die nächsten Tage.
Beste Voraussetzungen​ also für einen erholsamen Schlaf in unserem kleinen Palast. Doch war da nicht ein komisches Geräusch? Rascheln in den Blättern und zerbrechende Äste? Irgendetwas läuft doch da, und noch schlimmer, es kommt näher! Muss definitiv was großes sein. Besser mal etwas bewegen und dem Tier zeigen, dass wir hier sind. Doch plötzlich sieht man die bekannten Schatten von der Stirnlampe eines verspäteten Wanderers der an unserem Zelt vorüber läuft. Alles nur Einbildung. Nein! Der Wanderer ist weg, das Geräusch aber näher. Etwas großes läuft da definitiv langsam auf uns zu! Angelo sitzt mittlerweile kerzengerade im Zelt mit pochendem Herzen. "Was ist da los?", frägt Vero, die bereits ihre Ohrstöpsel trägt und von all den Geräuschen nichts mitbekommt. "Nur irgend ein Tier, alles gut.", wird sie beruhigt. Durch die kleinen Schlitze im Zelt sieht man nichts, und draußen ist es eh zu dunkel. Jetzt hört man auch noch ein tiefes grollendes Geräusch. Der Bär ist keine zwei Meter mehr vom Zelt entfernt. Vor lauter Verzweiflung fängt Angelo an zu pfeifen. Wir sind hier, das ist unser Platz! Und tatsächlich bewegen sich die Schritte langsam in die Richtung in der der Bärenbeutel hängt. Hauptsache weg vom Zelt. Irgendwann konnte man auch keine Schritte mehr hören und wir konnten in Ruhe schlafen. Am nächsten Morgen ging es dann auf Fährtensuche. Vero war mittlerweile eingeweiht, und entdeckte Spuren die aus dem Wald kamen, auf unser Zelt zu und dann dem Trail entlang. Definitiv ein Bär! Ein früher Wanderer kam vom Shelter bei uns vorbei, dem wir dann auch gleich die Spuren zeigten. "Dann haben euch gestern auch die wilden Kühe besucht?", und somit war es das dann, mit unserer ersten Bären-Story.
Die kommenden Tage waren tatsächlich sehr warm und sonnig. Wir sind vorbei am Dragon's Tooth gewandert wobei der Abstieg kaum wandern sondern eher klettern war. Wir hatten schöne Aussichten auf den Tinker Cliffs und wie die meisten gesehen haben, haben wir ein schönes Photo auf den beeindruckenden Klippen des McAffee Knobs gemacht. Um unsere Körper zu erholen haben wir auch zwei kurze 10 Meilen Tage nach Daleville gemacht, so dass wir nach 7 Tagen endlich wieder in der Zivilisation waren. Doch etwas Entspannung im Camp mit genügend Zeit zum Kochen auf dem Feuer waren Balsam für die Seele.
Unsere Freunde waren aber schon einen Tag weiter und dieses Wochenende stand das Trail-Days Festival in Damascus an. So war die Entspannung auch gleich dahin, als wir in über 30 Grad einen 22 Meilen Tag machten, um diese wiedereinzuholen. Aber davon bald mehr...

Dienstag, 9. Mai 2017

Hiker Alltag

Wo sind denn alle? Aus Atkins heraus hat sich die Gruppe an Hikern irgendwie verlaufen. Viele sind schon einen Tag zuvor zum Resupply gegangen und sind deshalb an Atkins einfach vorbei gewandert. Aber auch die Wanderer die wir dort sahen, schienen nicht auffindbar zu sein. Das Wetter (mal wieder) lud auch nicht zu Tageswanderungen ein. So fühlten wir uns beinahe alleine auf dem Trail. Umso mehr nehmen wir die Dinge war, die uns umgeben. Es ist schon fast ein Gefühl des ausgeliefert seins. Berge sind einfach so steil, wie sie sind. Den Wind interessiert es nicht, ob du über eine ungeschützte Bergkuppe läufst. Der Weg ist steinig, matschig, schief oder schmal. Auch morgens im Mai kann es nahe an den Gefrierpunkt kommen. Regen, Nebel und die Sonne lassen sich nicht beeinflussen, genauso wenig wie die Zeit. Das einzige was wir tun können ist laufen.
Der nächste Zeltplatz ist drei Meilen entfernt? Da müssen wir hin laufen. Es regnet schon seit heute Morgen? Wir müssen trotzdem laufen. Aber wir laufen schon seit 8 Stunden? Wir müssen laufen!
Aber der Hiker Alltag beinhaltet noch weit mehr und alles ist irgendwie anders als Zuhause. Normalerweise stehen wir um 6 Uhr morgens auf. Zu erst schält man sich aus den Schlafsäcken. Je nach Temperatur geht das schneller oder langsamer. Dann wird der Schlafsack in den Sack gestopft, Luft aus der Matratze gelassen und zusammen gerollt. Als nächstes wird sich um gezogen. Das ist im Zelt aber schwieriger als im Bad. Auch die Schlafklamotten werden auf Rucksack-Größe gebracht. Schuhe anziehen nicht vergessen, wir sind ja schließlich im Wald. Der Rest wird aus dem Zelt geholt, wie zum Beispiel Elektronik und Wanderstöcke. Nun geht es ans Zelt selbst. Heringe und Bänder lösen, Planen schütteln und alles klein zusammen rollen. Einen guten Tag startet man mit Frühstück, also müssen wir die Foodbag vom Baum runter holen. Es kommt Wasser in den Topf und Spiritus in den Kocher. Meist gibt es Haferflocken zum Frühstück. Anschließend muss das auch wieder sauber gemacht und auch noch verpackt werden. Zähneputzen nicht vergessen, und ab mit den Waschsachen in den Rucksack. Eventuell noch Wasser holen und mit dem UV Licht behandeln. Aber nicht jeder Zeltplatz hat Wasser. Geschweige denn einen privaten Platz für die morgendliche Toilette. So muss manches Bedürfnis auf später am Tag verschoben werden. Das ganze dauert zwischen 2 und 2,5 Stunden. An einem normalen Tag machen wir etwa 16 Meilen. Zwischendurch gibt es jeweils Pause mit Poptarts, Tortilla und​ Snickers. Hoffentlich sind wir dann um 18 Uhr irgendwo in einem Camp angekommen und die Morgenroutine läuft ungefähr rückwärts ab. Somit sind wir bis ca. halb 9 Uhr im Bett, der Bärenbeutel hängt und wir haben noch etwas Zeit zum Lesen. Erschwert wird diese Routine durch Regen, Wind und beschwerlichen Abschnitten des Trails.
So auch vor einigen Tagen als sich ein größeres Unwetter bereits durch starke Böhen ankündigte als wir über Wiesen den Chestnut Knob bestiegen. Danach ging es leider nicht mehr runter, sondern entlang eines Kammes des Burkes Garden Tals. Den Tag über hatten wir mal wieder kaum Leute gesehen. Mit mulmigen Gefühl liefen wir auf dem Kamm. Viele Steine und Felsen, sowie ein ständiges auf und ab erschwerten den Weg besonders. Eigentlich wollten wir nur runter vom Berg um unser Zelt aufzuschlagen, aber selbst die Straße 2 Meilen vor dem Abstieg wollte einfach nicht kommen. Es begann zu regnen und die Zeit schritt voran. Wir waren alleine und an ein zelten hier oben war erst gar nicht zu denken. Die Bäume knarzten bedrohlich. Als die Moral immer weiter sank, tauchte dann doch endlich die Straße auf. Dort saßen auch zwei Wanderer die auf ein Shuttle zum nächsten Hostel warteten. Kurz entschlossen änderten wir unseren Plan und der Truck fuhr auch schon um die Ecke. Leider war das Hostel schon voll, aber unser Gastgeber hatte ein Herz für Deutsche. Wir bekamen ein privates Zimmer zum selben Preis wie die Bettenlager, kostenloses Abendessen und ein leckeres Frühstück. Und nicht nur das, das Hostel war überfüllt mit fast all denjenigen, die wir die ganze Zeit über vermissten.
Auch erfuhren wir, dass wir Dan mehrmals um nur Haaresbreite verpasst haben. So sollten wir ihn dann auch bald treffen. Gemeinsam mit Conor sind wir nun in Pearisburg angekommen. Abermals kurz entschlossen verbringen wir hier einen Zero-Tag mit unseren Freunden. Dan macht Burger für uns zum Abendessen! Morgen geht's wieder weiter, natürlich mit Regen.
Ach ja, wir haben jetzt auch Trail Names: Castle und Princess.

Mittwoch, 3. Mai 2017

Regen, Wind und Schweiß

Fünf Tage Regen haben sich verlängert auf acht Tage Regen. Nach der langen Zeit nagt das Wetter langsam an der Stimmung der Wanderer. Und auch an uns geht das Wetter nicht spurlos vorüber. Man hört von Wanderern die völlig nass in ihrem Zelt aufwachen, von Wanderern die ihre Familie vermissen und welchen die aufgeben.
In drei langen Tagen ging es von Hampton nach Damascus. In drei sehr anstrengenden Tagen! Zusätzlich zum Wetter plagen uns die typischen Wander-Wehwehchen. Die Knie tun weh beim Berg ab. Der Rücken tut weh nach einem langen Tag. Die Füße fühlen sich an wie schmerzender Brei. Gegenseitig versuchen wir immer wieder die Stimmung hoch zu halten, aber in Damascus haben wir erstmal einen Zero-Tag gebraucht. Zum Glück ging es vielen bekannten Gesichtern und Freunden ähnlich, so dass wir die Zeit gut verbracht haben. Auch unser Hostel konnte mit angenehmer Atmosphäre und gutem Frühstück überzeugen.
Der Weg geht weiter auch wenn ein Tag für unsere geschundenen Körper etwas zu kurz war. Wenn es dann mal nicht regnet, brennt die Sonne hier schon mit fast 30 Grad vom Himmel, wie bei unserem Auszug aus Damascus. Wie für Tage nach der Stadt üblich natürlich mit viel Anstieg. So ist ein Tag ohne Poncho eine willkommene Abwechslung, leicht ist ein solcher Tag aber auch nicht.
Der Trail führt uns durch die Grayson Highlands. Das ist eine Hochebene die dank der vielen Steine unsere Tage zusätzlich erschwert haben. Aber genug des Meckerns... Hier gibt es wilde Ponys! Zumindest was man so als wild bezeichnen kann. Nachdem wir die ersten Hufspuren sahen, haben wir auch schon bald vereinzelt welche beim Grasen gesehen. Den ganzen Tag Gras ist aber auch doof und Ponys stehen auf Salz. Und was ist die beste Quelle für Salz in den Grayson Highlands? Natürlich eine Horde verschwitzter Wanderer. So haben ein paar Tiere die Wanderer am Shelter ganz schön aufgemischt. T-Shirts angeknabbert und Rucksäcke abgeschleckt. Eine Attraktion die am Wochenende viele Leute, Familien und Pfadfinder anlockt.
Weiter ging es mit warmen und nassen Tagen. Oder auch mit Wind der einen fast weg bläst! Aber konstant bleibt das Schwitzen jeden Tag, egal ob unter der Sonne oder Poncho. Aber der Schweiß zahlt sich aus: Wir haben die 500 Meilen Marke schon geknackt und haben mit Ankunft in Atkins schon ein Viertel geschafft!
Hier mussten wir uns auch von einem liebgewonnen Österreicher namens "Uber" verabschieden. Für uns geht der Spaß aber weiter!